Etienne Boulanger – Single Room Hotel

SPEKULATIONEN SERIE 2007-2008

Das Single Room Hotel bietet in einer Architektur im ‹Billboard›- Design auf einer Wohnfläche von 24 m2 den behaglichen Komfort eines voll ausgestatteten 2-Sterne Hotels. Die exklusive Herberge im Herzen der Stadt, nur wenige Gehminuten von den Hauptsehenswürdigkeiten entfernt, ist ein Geheimtipp für den kosmopolitischen Touristen und für den einheimischen Abenteurer gleichermaßen. Das Single Room Hotel ist von November 2007 bis März 2008 geöffnet und wird über das Internet gebucht. Aufgrund der weltweiten Berichterstattung ist das Hotel über den gesamten Zeitraum ausgebucht.
Realisiert als eingeschossiger Bau aus Plakatwänden, fügt sich das Single Room Hotel in das Lokalkolorit eines Geländes ein, dessen wirtschaftliche Existenz sich ausschließlich über die materielle Präsenz von Bauzäunen und Werbetafeln vermittelt. Die Hotelfassade wird an Werbefirmen vermietet. Die Plakatwände sind daher nicht einfach nur architektonisches Baumaterial der Hotelarchitektur, sondern verhelfen ihm auch zu ökonomischer Nachhaltigkeit.
Während die Plakatwände in ihrer eigenen Funktion die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich ziehen, verkörpern sie umgekehrt eine urbane Tarnung für das Hotel, dessen Gäste unbehelligt ein- und ausgehen.

Mit dem Single Room Hotel knüpft Etienne Boulanger an das Projekt Plug-in Berlin an, das er zwischen 2001–2003 in Berlin durchführte: In einem lang angelegten Prozess erforschte und benutzte er Nischen und verschwiegene Winkel des Stadtraums. Unter anderem eignete er sich in den Gängen der U-Bahn Station Alexanderplatz einen überraschend großräumigen, verkommenen Werbeschaukasten an und baute ihn zu einem Wohnraum aus. Weitere temporäre Enklaven gründete er u.a. in Zwischenräumen am Fundament der Monbijou-Brücke und hinter einem Plakatwandensemble an der Kommandantenstraße/Ecke Alte Jakobstraße, auf dem heutigen Skulpturenpark Berlin_Zentrum. Gemeinsam ist allen Unternehmungen Boulangers, dass er durch modifizierende Eingriffe geheime, private Orte schafft, deren unscheinbare Fassaden sich in das Stadtbild integrieren. Seine Projekte arbeiten weder an utopischen Klischees der Urbanisierung noch entwerfen sie alternative, diskursorientierte Ideologien. Vielmehr setzt Boulanger praktische, alltagstaugliche Strategien der maximalen Nutzung des öffentlichen Raums um. Er führt vor, wie man mit den Mitteln des Systems unabhängig vom System leben kann. In dem Projekt Single Room Hotel erweitert Boulanger erstmalig seinen ‹Camouflage›-Radius um kommerzielle Systematiken.